Inklusionsstrategie des Landkreises
Die „Inklusionsstrategie für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen 2023“ wurde im März 2024 von dem Kreistag beschlossen. Das Ziel für den Landkreis ist es unter Beachtung der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen (UN-BRK), eine nachhaltige Verwirklichung der Inklusion sowie der Selbstbestimmung von allen Menschen mit Behinderung im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen zu erreichen.
Die Inklusionsstrategie ist ein Baustein der nachhaltigen Verwirklichung von Inklusion im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen. Sie stellt die vorhandene Struktur im Landkreis dar, erfasst bestehende Barrieren und zeigt Handlungsfelder sowie mögliche erste Schritte („Chancen für Inklusion“) auf. Damit bietet sie allen Akteurinnen und Akteuren eine Orientierungshilfe für ihre eigenen Maßnahmen, mit denen sie im Rahmen ihrer Zuständigkeiten und Möglichkeiten zu einem inklusiveren Landkreis beitragen. Ebenfalls kann sie der Politik und den Verwaltungen als Entscheidungsgrundlage bei der Weiterentwicklung der Teilhabemöglichkeiten im Landkreis dienen.
Neben der Inklusionsstrategie selbst, wird am Seitenende die Quintessenz, eine Übersetzung in Leichte Sprache und weitere für die Umsetzung interessante Informationen (z.B. Strukturstatistik SGB IX) veröffentlicht.
Im folgenden Abschnitt finden Sie Informationen und Unterlagen zu einzelnen Projekten und Aktionen der Stelle für Inklusionsplanung & -gestaltung des Landratsamtes. Hier wird ein Ausschnitt der Projekte/Aktionen zur Umsetzung von „Chancen für Inklusion“ vorgestellt und deren Weiterentwicklung dokumentiert.
Entdecken Sie, wie wir gemeinsam für mehr Inklusion und Chancengleichheit in unserem Landkreis arbeiten können.
Haben Sie selbst eine Projektidee und wissen nicht so recht, wie Sie anfangen können oder brauchen andere Art der Unterstützung, dann wenden Sie sich an die Stelle für Inklusionsplanung & -gestaltung. Diese bemüht sich allen interessierten Akteurinnen und Akteuren im Rahmen ihrer Möglichkeiten beispielsweise in Form von Projektunterstützung, Informationsweitergabe, Öffentlichkeitsarbeit oder Vernetzung zur Seite zu stehen.
Projekte
Werkzeugkoffer für die Verwaltung und die Politik
abluecup, © iStock.com/abluecupVertreterinnen und Vertreter der Kommunalpolitik und der Verwaltungen spielen eine zentrale Rolle auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft. Sie haben die Möglichkeit, das unmittelbare Lebensumfeld aktiv mitzugestalten und damit entscheidend zur Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger beizutragen. Darüber hinaus übernehmen sie eine wichtige Vorbildfunktion, wenn es um gelebte Inklusion geht.
Durch ihr Engagement können sie maßgeblich dazu beitragen, bestehende Barrieren abzubauen – im Sinne der Inklusionsstrategie des Landkreises und im Einklang mit der Umsetzung und Weiterentwicklung der „Chancen für Inklusion“.
Um die kommunalen Vertreterinnen und Vertreter in Politik und Verwaltung bei dieser wichtigen Aufgabe zu unterstützen, wurde der „Werkzeugkoffer für die Verwaltungen & Politik des Landkreises Bad Tölz-Wolfratshausen“ zusammengestellt. Dieser Werkzeugkoffer bietet umfassende Hintergrundinformationen, praxisnahe Materialien und konkrete Hilfestellungen zu allen „Chancen für Inklusion“, die in den jeweiligen Zuständigkeitsbereich fallen oder zukünftig relevant werden können.
Bewusstseinskoffer - Behinderung erleben und verstehen
© iStock.com/ONYXprjWie der Name schon vermuten lässt, ist das Ziel des „Bewusstseinskoffers“ mehr Verständnis für Menschen mit Behinderung zu schaffen, um damit bestehende Barrieren besser wahrzunehmen und mit abzubauen. Mit den enthaltenen Materialien und Informationen können die Nutzenden eigene Erfahrungen sammeln, wie sich einzelne Beeinträchtigungen auf das Handeln auswirken. So lassen sich über Einzelerfahrungen bis hin zu Kooperationsspielen kognitive und körperliche Beeinträchtigungen sowie Sinnesbeeinträchtigungen nachempfinden. Zum Beispiel kann man mit einem Lormhandschuh erleben, wie taubblinde Menschen mit dem Lormalphabet kommunizieren oder durch Brillen mit verschiedenen Seheinschränkungen und Blindenstock sich fortbewegen und vieles mehr.
Die Idee des Bewusstseinskoffers wurde bereits in anderen Landkreisen erfolgreich erprobt. Für den Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen wurde von der Stelle für Inklusionsgestaltung des Landratsamtes in Zusammenarbeit mit dessen Beauftragten für Menschen mit Behinderung, Ralph Seifert, eine eigene Version zusammengestellt.
Sowohl (vor-)schulische als auch außerschulische Gruppen können den Bewusstseinskoffer beim Medienzentrum des Landratsamtes kostenlos ausleihen.
Möchten Sie einen Blick in den Bewusstseinskoffer werfen, dann sehen Sie sich einmal die Anleitung „Bewusstseinskoffer des Landratsamtes Bad Tölz-Wolfratshausen“ am Seitenende mit den verschiedenen „Nutzungsideen“ an. Die Inhalte machen neben einer Alterssimulation und einem Kooperationsspiel folgende Beeinträchtigungen erfahrbar:
- Sinnesbeeinträchtigungen
- körperliche/motorische Beeinträchtigungen
- kognitiven Beeinträchtigung
Politische Teilhabe & barrierefreie Wahlen
NOLIMITPICTURES, © ©NOLIMITPICTURESPolitische Teilhabe ist ein grundlegendes Recht für jede Bürgerin und jeden Bürger. Sie umfasst die aktive Mitgestaltung der politischen Willensbildung und schließt insbesondere die Teilnahme an Wahlen, Volksabstimmungen und Volksbegehren ein. Politische Teilhabe wird auch politische Partizipation genannt.
Die folgenden Inhalte sollen Menschen mit Behinderung einen Zugang zur politischen Teilhabe ermöglichen und interessierten Personen (z.B. Wahlverantwortliche, Wahlhelferinnen und -helfer) verschiedene Informationen bieten.
In der Inklusionsstrategie des Landkreises werden bestehende Barrieren beschrieben, die für Landkreisbürgerinnen und -bürger mit Behinderung bei der politischen Teilhabe bestehen. Basierend auf diesen Barrieren wurde „Chancen für Inklusion“ entwickelt, um die Teilhabemöglichkeiten zu verbessern. Diese Seite mit seinen enthaltenen Inhalten, weiterführenden Links und der erstellten „Checklistensammlung für barrierefreie Wahlen“ leisten einen Beitrag zur Umsetzung von zwei „Chancen zur Inklusion“ und damit zum Barriereabbau.
UN-Behindertenrechtskonvention und das Wahlrecht:
Die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderung ist nicht nur eine gesellschaftliche, sondern auch eine rechtliche Verpflichtung. Die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/fileadmin/Redaktion/PDF/DB_Menschenrechtsschutz/CRPD/CRPD_Konvention_und_Fakultativprotokoll.pdf, die 2009 von Deutschland ratifiziert wurde, stellt sicher, dass Menschen mit Behinderung gleichberechtigt an politischen Prozessen teilnehmen können. Besonders relevant sind hier Artikel 4 („Allgemeine Verpflichtungen“) https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsschutz/datenbanken/datenbank-fuer-menschenrechte-und-behinderung/detail/artikel-4-un-brk und Artikel 29 („Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben“). https://www.institut-fuer-menschenrechte.de/menschenrechtsschutz/datenbanken/datenbank-fuer-menschenrechte-und-behinderung/detail/artikel-29-un-brk
In Deutschland gibt es mehrere Gesetzestexte und Verordnungen, die den Zugang zu Wahlen (z.B. Bundestagswahlen, Landtags- und Bezirkswahlen) regeln.
Hierzu sind folgende Regelungen zu nennen:
- das Bundeswahlgesetz (BWahlG) https://www.gesetze-im-internet.de/bwahlg/index.html
- die Bundeswahlordnung (BWO) z.B. §19, §45, §46 und §57 BWO https://www.gesetze-im-internet.de/bwo_1985/index.html#BJNR017690985BJNE003409305
- das Gesetz über Landtagswahl, Volksbegehren und Volksentscheid - Landtagswahlgesetz (LWG) z.B. Artikel 3 https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayLWG/true
- die Landeswahlordnung (LWO) z.B. §37 und § 39 LWO https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayLWO
- das Bezirkswahlgesetz (BezWG) https://www.gesetze-bayern.de/Content/Document/BayBezWG
Besonders sind hier die Artikel und Paragraphen interessant, die zu der Auswahl und Gestaltung der Abstimmungs- bzw. Wahlräume, die Informationsweitergabe über die Barrierefreiheit der Räumlichkeiten, die Möglichkeit der Unterstützung vom Menschen mit Behinderung bei der Stimmabgabe, die Nutzung von Hilfsmitteln bei der Stimmabgabe (z.B. Wahlschablonen/Stimmzettelschablonen) Regelungen enthalten. Nicht alle Regelungen sind verpflichtend. Sie stellen eine Empfehlung des Normgebers an die Wahlverantwortlichen dar.
Informationsangebote und Zugänge zur politischen Teilhabe
Ein wichtiger Bestandteil der politischen Teilhabe ist der Zugang zu verständlichen und barrierefreien Informationen. Ohne ausreichendes Wissen über den politischen Prozess und die Wahlmöglichkeiten können Menschen mit Behinderung ihre Rechte nicht wahrnehmen und sich nicht ausreichend in politische und gesellschaftliche Diskussionen einbringen. Es gibt unterschiedlichste Informationsangebote, die Zugänge zur politischen Teilhabe ermöglichen können.
Die Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) bietet im Rahmen ihres Angebots „einfach POLITIK“ leicht verständliche Informationen. Es handelt sich dabei um verschiedene Angebote zum Bestellen oder Download z.B. Hörbücher, Hefte, Lexikons. Mehr zu den einzelnen Angeboten finden Sie auf der Internetseite „einfach POLITIK: Lesen, hören, bilden“. https://www.bpb.de/lernen/inklusiv-politisch-bilden/332484/einfach-politik-die-reihe-und-ihr-konzept/
Ebenfalls bieten der bpb auf der Internetseite „Politik aktuell. Blick hinter Nachrichten“ https://www.bpb.de/themen/politisches-system/politik-einfach-fuer-alle/258184/politik-aktuell-blick-hinter-nachrichten/ Hintergründe zu Nachrichten, politischen und gesellschaftlichen Ereignissen in einfacher Sprache.
Mit seinem Artikel „Politische Partizipation“ informiert der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband e.V. (DBSV) https://www.dbsv.org/politische-partizipation.html über diese in einfacher Sprache und mit Gebärdensprachvideos.
Informationen zu Wahlen in Leichter Sprache sind auf der Seite „Wahl-Hilfe in Leichter Sprache“ https://www.lebenshilfe.de/informieren/regional/wahlen von der Lebenshilfe zu finden. Die Lebenshilfe bietet ebenfalls eine Informationsseite in Leichter Sprache zur "Selbst-Vertretung in der Politik". https://www.lebenshilfe.de/mitmachen/aktiv-werden/selbstvertretung-von-menschen-mit-behinderung/politik-in-leichter-sprache
Die Bundeszentrale für politische Bildung beschäftigt sich ebenfalls mit dem Aspekt, Menschen mit Behinderung Zugänge zur politischen Teilhabe zu ermöglichen. Sie führen auf Ihren Webseiten:
- Beispiele für inklusive außerschulische politische Bildungsprojekte https://www.bpb.de/lernen/inklusiv-politisch-bilden/338239/projekte-inklusiver-politischer-bildung/
- Workshop-Reihe "Wahlen: Einfach mitmachen und mitdiskutieren" https://www.bpb.de/lernen/angebote/wahl-o-mat-im-unterricht/514061/wahlen-einfach-mitmachen-und-mitdiskutieren/
Barrierefreie Wahlen:
Ein weiterer entscheidender Faktor für die politische Teilhabe ist die barrierefreie Gestaltung von Wahlen. Es reicht nicht aus, nur Informationen zugänglich zu machen – auch die Wahlen selbst müssen für alle Menschen gleichermaßen zugänglich sein. Hier gibt es verschiedene Bereiche, die berücksichtigt werden müssen. Zu den einzelnen Bereichen zählen beispielsweise die Auswahl und Gestaltung von Wahlräumlichkeiten, das Wahlmaterial (z.B. Wahlschablonen, Stimmzettelschablonen) und barrierefreie Informationen zu und über Wahlen.
Es gibt verschiedene Broschüren, Handreichungen und Informationsseiten für Bürgerinnen und Bürger aber auch für wahlverantwortliche Personen.
In dem folgenden Abschnitt sind einige von ihnen aufgelistet:
Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit informiert auf Ihrer Internetseite „Barrierefreie Wahlen“ https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Barrierefreie-Wahlen/barrierefreie-wahlen_node.html über das Thema und stellt Wahlverantwortlichen vor Ort mit Ihrer Handreichung „Barrierefreie Wahlen“ https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/SharedDocs/Downloads/DE/Veroeffentlichungen/handreichung-barrierefreie-wahlen.pdf;jsessionid=4963B2EDDAF53701CF33A4FFE95CA783?__blob=publicationFile&v=7 ein Werkzeug für ihre Tätigkeit zur Verfügung. In der Handreichung wird auf 32 Seiten Hintergrundinformationen zu den einzelnen Aspekten einer barrierefreien Wahl erläutert, Checklisten zur Überprüfung der Situation vor Ort und Tipps für die Wahlhelferinnen und -helfer gegeben.
Für eine leichtere Benutzung wurden acht Checklisten in einem eigenen Dokument "Checklistensammlung für barrierefreie Wahlen" [Link auf Dokument] zusammengefasst.Der Bayrische Behindertenbeauftragte des Freistaats Bayern hat einen Flyer „Barrierefreie Wahllokale und Verhaltenstipps für Wahlhelfer“ herausgegeben.
Mit Wahlschablonen können blinde oder sehbehinderte Menschen selbstbestimmt an einer Wahl teilnehmen. Über das Beratungs-, Informations- und Textservice-Zentrum (BIT) des BBSB https://bit-zentrum.bbsb.org/ können Wahlschablonen kostenlos bestellt werden.
