Gartenprojekte in Lenggries und Bad Tölz zum mitmachen!

Drei-Zimmer-Wohnung für die Ernte

In Lenggries und Bad Tölz macht der Gemeinschaftsacker Schule: Auf gepachteten Flächen kann jeder, der Freude am Garten- und Ackerbau hat, dieser Leidenschaft nachgehen. Als „Bifang“ bezeichnet man den Teil eines Ackers, der zwischen zwei Furchen liegt. Er misst circa 80 Zentimeter Breite und 100 Meter Länge, ist mit ungefähr 80 Quadratmetern also so groß wie eine Drei-Zimmer-Wohnung. Wer daheim nicht so viel Gartenfläche zur Verfügung hat, kann sie im Rahmen der Projekte „DaLenggriesaAcker“ und „DaTölzaKrautgarten“ für wenig Geld pachten. Sie bieten mit gut 70 Bifängen reichlich Platz für Gartenfans.

TitelbildDaLenggriesaAcker

Das Prinzip eines Gemeinschaftsackers ist denkbar einfach: Wer einen ganzen oder halben Bifang pachten möchte, unterschreibt einen Vertrag mit dem Landwirt, dem der Grund gehört. Dann bezahlt der Gartler seinen Beitrag und darf im Gegenzug die Fläche ein Jahr lang bewirtschaften. Der Eigentümer seinerseits bereitet im Frühjahr die Flächen vor und stellt Maschinen und Gartengeräte zur Verfügung. Sonstige Arbeiten wie zum Beispiel Rasen mähen oder Wildschweinabwehrzäune pflegen (ja, vor allem in Lenggries ist das notwendig) erledigen die Teilnehmer meist in Arbeitsgruppen.

Anpflanzen darf jeder, was das Herz begehrt, solange er sich auf „seinen“ Bifang begrenzt und sich außerdem an die Regeln hält. Die sind von Acker zu Acker etwas unterschiedlich. Im Grunde geht es vor allem um ökologische Grundsätze: kein Kunstdünger, kein Gift und kein Müll auf dem Acker. Die Samen oder Pflanzen sollten aus biologischem Anbau stammen.

Heiner Schwab war vor drei Jahren der Hauptinitiator bei der Gemeinschaftsackergründung in Lenggries. „Ein Hauptargument für mein Engagement war, dass ich mir aufgrund verschiedener politischer Entscheidungen wirklich Sorgen um den Fortbestand unserer regionalen Landwirtschaft gemacht habe“, erklärt der pensionierte Maschinenbauer. Er selbst wuchs in ländlicher Umgebung auf, seine Frau stammt von einem Bauernhof.

Win-Win-Situation

Ein Gemeinschaftsacker erschien ihm ein lohnendes Projekt zu sein: Für den einzelnen Landwirt bietet er die Chance, sich mit relativ wenig Aufwand ein zusätzliches Standbein zu schaffen. Die Teilnehmer haben hier die Gelegenheit, ihre Nahrungsmittel ganz nach Geschmack selbst anzubauen und gemeinsam mit Gleichgesinnten Gartenträume auszuleben.

So begann Heiner Schwab, nach potenziellen Teilnehmern zu suchen. Das Interesse war groß, und sogar ein Landwirt, der ein seit Jahren biologisch bewirtschaftetes Stück Land zur Verfügung stellte, war bald gefunden. Unterstützt wurden die Initiatoren von der Zivilcourage Bad Tölz-Wolfratshausen und dem Bund Naturschutz. Letzterer bezahlt bis heute die Versicherung, die nötig ist, damit auch Schulklassen den Acker besuchen können.

 

Vogelscheuchen und Ackerakademie

Heute ist die Gartengemeinschaft nordöstlich des Lenggrieser Ortsteils Steinbach „zu Hause“ und bewirtschaftet ungefähr einen halben Hektar Fläche. Unterschiedlichste Gemüsesorten, wunderschöne Blumen und kreative Namensschilder gepaart mit Vogelscheuchen und Insektenhotels bieten ein buntes Bild. Zweimal im Jahr, meist im Frühling, schult Diplom-Gartenbau-Ingenieur Sebastian Girmann von der benachbarten BioTop Oberland e.G. die Gartelnden: Im Rahmen einer Ackerbegehung beantwortet er Fragen und gibt Anregungen.

Ähnlich erfolgreich ist „DaTölzaKrautgarten“, der seit Herbst 2017 im Ratzenwinkel, direkt vor den Toren des Tölzer Friedhofs, bewirtschaftet wird. Die Initiative ging von den Eigentümern aus, den „Zwickerbauern“ Lisa und Martin Sappl. Das Ehepaar kam auf die Tölzer Garten-Aktionistin Rose Beyer zu, gemeinsam setzten sie ihre Pläne in die Tat um.

 

Raus aus dem SupermarktGrossansicht in neuem Fenster: DaTölzaGaden2

„Wir wollen die Leute wieder zu Selbstversorgern machen“, erklärt Rose Beyer, die als freie Journalistin und Grafikerin arbeitet. „Raus aus dem Supermarkt und rein ins Feld. Das ist nicht nur gesünder und macht Spaß, sondern schont auch noch das Klima, weil man ja nichts über weite Strecken durch die Gegend karren muss.“ Der Bund Naturschutz unterstützte auch dieses Projekt tatkräftig, hilft bis heute bei der Verwaltung und trägt die Versicherung. Sebastian Girmann steht auch hier sowohl Acker-Neulingen als auch alten Hasen mit wertvollen Tipps zur Seite.

 „Momentan haben wir hier 3000 Quadratmetern zur Verfügung und sind mit 28 Teilnehmern ausgebucht“, freut sich Rose Beyer. „Unsere Mitglieder sind hauptsächlich Familien, aber auch mehrere Einzelpersonen. Sogar eine Senioren-WG ist dabei.“

 

 

Gartenbau Lernen wie Lesen und SchGrossansicht in neuem Fenster: DaTölzaKrautgartenreiben

Für Rose Beyer war es nicht das erste Gemeinschaftsgarten-Projekt: Die Tölzer Garten-Aktivistin hat auch das Projekt „DaTölzaGarten“ ins Leben gerufen. Rund ums Franziskuszentrum werden Flächen in gemeinsamer Arbeit gepflegt und gehegt. Diese Flächen, auf denen auch die Tölzer Rosentage stattfinden, wurden bis 2009 von Franziskanern bewirtschaftet. Als die Mönche den Standort aufgaben, stand die Zukunft des Gartens in den Sternen.

Vor vier Jahren kam  Rose Beyer auf die Idee, die Gartenflächen wieder zu nutzen. „Ich wollte, dass die Kinder wieder mehr über den Gartenbau lernen können, so, wie sie in der Schule lesen, schreiben oder rechnen.“ Mit vielen ehrenamtlichen Helfern brachte sie die 3000 Quadratmeter große Fläche auf Vordermann.

 Heute besuchen 60 bis 80 Grundschulklassen den Garten – und das bis zu zehn Mal im Jahr. Die Schüler der Süd- und der Jahnschule lernen hier Gartenbau und –pflege vor allem durchs Mitmachen. Experten vom Bund Naturschutz führen die Kinder durch das Gartenjahr. Was sonst an Arbeit anfällt, erledigen ehrenamtliche Helfer. Die Ernte wird geteilt, und wer mithelfen möchte, ist willkommen. Die Stadt Bad Tölz als Eigentümer der Fläche fördert das Projekt jährlich mit 2500 Euro.

Im September 2016 kamen noch 2000 Euro Preisgeld dazu: Das Team des Tölzer Gartens wurde im Rahmen des Wettbewerbs „DM Helferherzen“ vom deutschen Bundespräsidenten ausgezeichnet. „Wir waren sogar nationaler Sieger“, berichtet Rose Beyer stolz. „Als einziges Projekt aus Bayern sind wir extra zum Bürgerfest nach Berlin gefahren. Das Preisgeld haben wir sofort wieder investiert.“